Gemeindepräsidentenkonferenz Gäu
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Jahresbericht

Jahresbericht der Präsidentin für das Geschäftsjahr 2022/2023

Cargo

Bekanntlich gehört das Gäu und Untergäu zu den dynamischsten Regionen des Kantons Solothurn, ja wahrscheinlich der Schweiz. Bereits in den vergangenen Jahresberichten wurde immer wieder auf diese Dynamik und damit verbundenen Herausforderungen hingewiesen. Herausforderungen ist das neue Wort für Probleme. Mit der Auflage der Richtplananpassungen 2022 haben wir es aber nun schwarz auf weiss. Alle Gäuer Gemeinden werden nicht darum herumkommen, eine Interessenabwägung in den raumplanerischen Fragen zu machen. Deshalb möchte ich im diesjährigen Jahresbericht auf das mögliche Vorgehen bei der Interessenabwägung eingehen. Die Fazits, welche ich dabei ziehe entsprechen meiner Überzeugung.

Die Interessenabwägung ist eine Methode zur Entscheidfindung und Kernstück der Raumplanung und zwar im Bereich von rechtlich gewährten Handlungs- und Ermessensspielräumen. Sie hilft den Behörden, im Einzelfall ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den einzelnen Interessen zu finden, die einander entgegenstehen können. Es gilt in der Interessenabwägung abzuwägen und zu gewichten.

Im «Gäuer-Fall» mit den grossen Ausbauplänen von bestehenden Betrieben Migros, Post, Murpf, aber auch mit Blick auf die neuen Player wie CST und Cargo SBB geht es bei der raumplanerischen Interessenabwägung um eine zentrale, aber auch politische Kernaufgabe. Es wird nicht sehr einfach sein, ein ausgewogenes Verhältnis, resp. eine Antwort zu finden, die alle befriedigt.

Art. 3 der Raumplanungsverordnung gibt vage ein Prüfprogramm vor, indem die Interessenabwägung in drei Gedanken- und Prüfschritte aufgliedert:

1. Stehen den Behörden bei Erfüllung und Abstimmung raumwirksamer Aufgaben Handlungsspielräume zu, so wägen sie die Interessen gegeneinander ab, indem sie:

  1. die betroffenen Interessen ermitteln;
  2. diese Interessen beurteilen und dabei insbesondere die Vereinbarkeit mit der anzustrebenden räumlichen Entwicklung und die möglichen Auswirkungen berücksichtigen;
  3. diese Interessen auf Grund der Beurteilung im Entscheid möglichst umfassend berücksichtigen.

2. Sie legen die Interessenabwägung in der Begründung ihrer Beschlüsse dar.

Die betroffenen Interessen ermitteln

Region

Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit der betroffenen Interessen und der möglichen beizuziehenden Aspekte, möchte ich auf diejenigen der Gemeinde/ Bevölkerung / Betroffene Betriebe eingehen.

Die Gemeinden müssen in der Interessenabwägung nicht nur die eigene Gemeinde betrachten, sondern eine regionale und kantonale Betrachtungsweise heranziehen.

Sachverhalt: Im gegenwärtig gültigen kantonalen Richtplan werden unter Kapitel Siedlung
S-3.3 bezüglich güterverkehrsintensiven Anlagen die Standortskriterien festgehalten. Von drei Kriterien erfüllt das Gäu bereits zwei (Nähe zum nächsten übergeordneten Verkehrsträger und der vorhandene Schienenanschluss). Einzig das Kriterium «Nachweis über genügend Strassen- bzw. Knotenkapazitäten» fehlt beim Projekt MVB. Und genau bei diesem Punkt agieren nun die Gemeindepräsidentenkonferenzen Gäu GPG und Untergäu GPK. Dem Regierungsrat wurde klar und deutlich signalisiert, dass eine Baubewilligung nur erteilt werden kann, wenn ein entsprechendes Verkehrskonzept, das eine Gesamtbetrachtung über den ganzen Räum Gäu und Untergäu beinhaltet, vorliegt.

Fazit: die geographische Lage macht das Gäu zum Hot-Spot für Logistik, wobei die Forderungen GPG + GPK noch umzusetzen sind.

Die demographische Entwicklung in den letzten Jahren war in allen Gäuer-Dörfern unglaublich hoch, praktisch jedes Dorf hat oder ist am Bauen von neuen Schulhäusern. Die Gesamtbevölkerung aller GPG-Gemeinden entwickelte sich in den letzten 10 Jahren wie folgt:

+ 18.9 % (Kanton Solothurn + 8.7 %)

In der Interessenabwägung müssen wir die Frage beantworten, ist diese Zunahme auf die Logistik zurückzuführen? Kaum, denn gleichzeitig beginnt die Logistik ihre Arbeitsplätze zu digitalisieren.

5 2023

Fazit: die Logistik ist nicht der Treiber der demographischen Entwicklung.

Wie soll sich die Gemeinde weiterentwickeln?
Ohne wachsende Wirtschaft, kann unser Wohlstand und dazu gehören auch die Leistungen an die sozialen Schwächeren aber auch die Aufwendungen für die Altersrenten, weder gehalten noch ausgebaut werden. Die Gemeinden müssen immer mehr Leistungen erbringen, u.a. frühe Förderung, Integration. Diese Kosten können nur mit höheren Einnahmen gestemmt werden. Eine Einflussnahme auf die Bevölkerungsentwicklung (Zu- und Wegzüge) ist praktisch nicht möglich. Die vom RPG geforderte Innenverdichtung trägt zudem dazu bei, dass ältere EFH-Quartiere zu MFH-Quartieren werden.

Fazit: die Weiterentwicklung der Gemeinde ist schwer zu steuern.

Kosten Infrastruktur:
Wie bereits im Sachverhalt dargelegt, fehlt für die vorgesehenen Projekte der Nachweis über genügend Strassen- bzw. Knotenkapazitäten. Diesbezüglich fordern die GPG und GPK Untergäu klar nicht nur ein Verkehrskonzept, das bei Baubewilligung vorliegen muss, sondern auch die Finanzierung durch Kanton, Bund und Betriebe. Es wird spannend, wie der Regierungsrat auf den gemeinsamen Brief GPG und GPK Untergäu reagieren wird.
Fazit: ohne diesen Nachweis, keine Ausbauten.

Zum Verursacherprinzip
Der Verursacher hat für Umweltschäden, einschliesslich Kosten für Massnahmen zur Verhütung, Verminderung und Beseitigung und die damit verbunden gesellschaftlichen Kosten zu tragen, aber unter Berücksichtigung von

  1.  Kooperationsprinzip: hier übernehmen die gesellschaftlichen Akteure Mitverantwortung. Ziel ist es den Schutz der Umwelt als gemeinsame Aufgabe von Bürgern, Unternehmen und Staat zu verankern.
  2. Die Kosten der Umweltbelastung und Umweltqualitätsverbesserung werden nicht denjenigen zugerechnet von denen sie ausgehen, sondern der öffentlichen Hand
  3. Vorsorgeprinzip: umweltschützende Massnahmen sind nicht erst bei Vorliegen einer konkreten Gefahr aufzunehmen, sondern bereits, wenn Einwirkungen ein Schädlichkeits- oder Lästigkeitspotential aufweisen

Fazit: der Ausbau der bereits heute ungenügenden Strassen- bzw. Knotenkapazitäten kann nicht allein der Logistik angerechnet werden. Auch der Bund ist hier zwingend ins Boot zu holen, das Gäu und Untergäu erfüllen eine nationale Aufgabe in der Versorgung des Landes.

Bevölkerung
Der Unmut der Bevölkerung entsteht insbesondere wegen des tagtäglich erlebten Ausweichverkehrs ab der Autobahn durch die Dörfer des Gäus. Unbestritten ist jedoch, dass die Attraktivität als Wohngemeinde mit dem Anspruch auf Ruhe, wenig Verkehr praktisch nur noch von Kestenholz, Wolfwil, Fulenbach und Niederbuchsiten erfüllt werden. Es ist schwierig zu erklären, dass dieser Ausweichverkehr vor allem durch unser eigenes Verhalten und den Pendlerverkehr entsteht und nur zu einem kleineren Bruchteil durch die LKW/Lieferwagen der Logistik. Der Logistik, resp. den Erweiterungsbauplänen verschiedener Player wird die Schuld an der heutigen Situation zugerechnet. Aber auch der relativ tiefe Steuerertrag auf den Flächenbedarf gerechnet ärgert die Bevölkerung.

Fazit: die Attraktivität der meisten GPG-Gemeinden kann nur mit «Goodies» für die Bevölkerung gefördert werden.

Betroffene Betriebe
In die Interessenabwägung werden hier einfliessen:

  1. Wachstumsdruck der Betriebe, neues Kaufverhalten Online, Zentralisierung aus Kostengründen
  2. Versorgungssicherheit (nationale Aufgabe) versus Selbstversorgungsgrad
  3. Möglichkeit Verdichtung bestehende Bauten stösst an gewisse Grenzen (Tiefe = Konflikt mit Grundwasser; Höhe = Konflikt mit der Gemeinde)
  4. Alternativstandorte: wurde gemäss den Raumplanungsberichten sorgfältig geprüft
  5. Standortgebundenheit (too big to change)
  6. Eingriff in Eigentumsgarantie im Fall von MVB

Fazit: die Raumplanungsberichte der vorgesehenen Erweiterungen unterstreichen die erwähnten Punkte; deren Interessen ist ebenfalls in die Waagschale zu werfen.

Nicht angesprochen hat die Präsidentin die FFF, welche zum Knackpunkt der Projekte werden könnten.

Dennoch heisst ihr Gesamtfazit: Ja, wenn und aber …

Die GPG hatte an 5 ordentlichen und zwei ausserordentlichen Sitzungen wiederum einige Knackpunkte zu diskutieren:

-  Zentralisierung Asylwesen
-  Richtplananpassungen
-  Initialisierung Arbeitszonenbewirtschaftung
-  Landumlegung Gäu
-  Verkehrsanbindung Agglo-Olten
-  Restkostenverteiler „Dünnern“
-  Persönliche Kontakte mit
      o RZSO
      o Neue Leiterin Standortförderung
      o Benchmarking – Tool APH
      o ATG: Digitalisierung öffentliche Publikationen
- Infos aus den Lenkungsausschüssen Migros und Post

Interessant war auch unser Besuch vom 14.01.2023 in Bümpliz, wo wir wertvolle Tipps erhielten bezüglich der frühen Förderung.

Zusammen

Insbesondere bezüglich Richtplananpassungen aber auch der Arbeitszonenbewirtschaftung hat sich die Zusammenarbeit zwischen der GPG und der GPK Untergäu im vergangenen Geschäftsjahr verstärkt. Ausdruck dafür ist, dass wir heute Abend von Seiten der GPG den Brief - ebenfalls von der GPK Untergäu unterschrieben - mit klaren Forderungen bezüglich der Richtplananpassungen an den Regierungsrat des Kantons Solothurn zustellen.
Auch der neue Vorsitzende der GPK Thal (Freddy Kreuchi, Balsthal) wünscht im kommenden Jahr 2023/2024 einen näheren Austausch. Mit der GPK Untergäu und GPK Niederamt besteht bereits ein funktionierender Austausch.

Dank
Die Präsidentin möchte es auch in diesem Jahr nicht unterlassen, allen Vorstandskollegen für ihr Engagement für die GPG und in verschiedenen Arbeitsgruppen zu danken. Die GPG ist nach wie vor eine gute Plattform des Austausches und in diesem Jahr hat es sich exemplarisch gezeigt, wie wichtig das gemeinsame Vorgehen ist.
Es war wiederum ein intensives Jahr. Das Zeitmanagement an den GPG-Sitzungen liess in diesem Jahr zu wünschen übrig, widerspiegelt jedoch den Diskussionsbedarf.
Für das gute Funktionieren der GPG ist auch unser Koordinator, Hanspeter Aebischer massgeblich zuständig. Er vertritt die GPG jeweils auch an den OGG-Sitzungen und den All-Gäu-Sitzungen.
Nach wie vor wichtig, manchmal sogar noch wichtiger sind die gemeinsamen Essen nach den Sitzungen, wo Erfahrungen ausgetauscht werden, aber auch der Humor nicht zu kurz kommt. Für mich persönlich sind dies auch die High-Lights eines Gemeindepräsidiums. An solchen Abenden kann man die Batterien wieder aufladen.

«Es ist sicherlich allen bewusst, uns steht ein weiteres, wahrlich nicht einfaches Jahr vor uns, aber ich bin zuversichtlich, dass wir als GPG die Herausforderungen stemmen werden, ganz nach dem Motto von Angela Merkel «Wir schaffen das», auch im Bewusstsein, dass dieser Satz auch das Gäu verändern könnte», hält Johanna Bartholdi zum Abschluss ihres Jahresberichtes fest.

Mit grossem Applaus werden die Worte der Präsidentin verdankt und es erfolgt die Abnahme des Jahresberichtes durch die Mitgliederversammlung.

Diese Aufgabe übernimmt gerne der Vizepräsident der GPG Andreas Heller:
Er hält fest, dass dies sein einziger Job als Vizepräsident der GPG sei, weil die Präsidentin mit ihrer umsichtigen Führung und kreativen Ideen die Geschäfte der Sitzungen mit umfassenden Vorbereitungen leitet. Nochmals hebt er hervor, wie wichtig die Zusammenarbeit – insbesondere bei der Thematik Verkehr – ist, denn die Präsidentin ist Garantin für die Zusammenarbeit!
Für all dies gebührt Johanna Bartholdi ein grosses Dankeschön mit Applaus!
Dieser Aufforderung kommen die Mitglieder gerne nach.

Als Geschenk überreicht Andreas Heller der Präsidentin eine spezielle Flasche Wein in einer «Heller-Tasche». Mit diesem dritten Applaus ist auch der Jahresbericht einstimmig gutgeheissen.